Die raue Schönheit der Süd-Shetland-Inseln, Antarktis-Reisebericht

Die raue Schönheit der Süd-Shetland-Inseln, Antarktis-Reisebericht

Erfahrungsbericht Teil 2: Halfmoon-Island • Deception-Island • Elephant-Island

von AGE™ Travel Magazine
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Besuch der Südlichen Shetlandinseln

Erfahrungsbericht Teil 1:
Bis ans Ende der Welt (Ushuaia) und darüber hinaus

Erfahrungsbericht Teil 2:
Die raue Schönheit der Süd-Shetland-Inseln

1. Südliche Shetlandinseln: Eine eigenwillige Landschaft
2. Halfmoon-Island: Großfamilie Zügelpinguin & Co

3. Deception-Island: 1. Eisberg & Ein Vulkan-Krater voll Wasser
a) Wanderung im Nirgendwo (Telefon Bay)
b) Besuch der alten Walfangstation (Whaler’s Bay)
4. Elephant-Island: Der Strand von Shackletons Männern
5. Südpolarmeer: Walbeobachtung vor der Küste von Süd-Shetland

Erfahrungsbericht Teil 3:
Romantisches Stelldichein mit der Antarktis

Erfahrungsbericht Teil 4:
Mitten unter Pinguinen in Südgeorgien


Antarktis ReiseführerAntarktis-ReiseSüd-Shetland & Antarktische Halbinsel & Südgeorgien
Expeditionsschiff Sea Spirit • Erfahrungsbericht 1/2/3/4

1. Südliche Shetlandinseln

Eine eigenwillige Landschaft

Land in Sicht! Nach zweieinhalb Tagen auf hoher See können wir zumindest ein klein wenig erahnen, was dieser Satz für alte Seebären bedeutet. Den Beagle-Kanal und die Drake-Passage haben wir hinter uns gelassen. Vor uns liegt Süd-Shetland, eine subantarktische Inselgruppe. Die Südlichen Shetlandinseln werden politisch zur Antarktis gezählt und fallen somit unter den Antarktisvertrag. Ebenso wie der Siebte Kontinent gehören die Südlichen Shetlandinseln aktuell niemandem, außer ihren tierischen Bewohnern. Wir sind also angekommen.

Viele Passagiere stehen eingemummt an Deck der Sea Spirit, andere genießen den Blick mit Windjacke und einer heißen Tasse Tee auf dem Balkon, ein paar Leute kleben von innen an der Scheibe und der Rest sitzt in der Lobby mit Panoramafenster. Egal wie: Alle starren nach draußen, denn dort zieht die einsame, raue Landschaft der Süd-Shetland-Inseln an uns vorüber.

Unwirklich und wunderschön auf ihre eigene eigenwillige Weise. Und genau dafür sind wir hier, um diese einzigartige Eigenwilligkeit zu bestaunen. Keine gefälligen Farben, keine Postkartenmotive aus Türkisblau, Palmen und weißem Sandstrand. Nein. Stattdessen treiben dunkle Steilkippen, verschneite Berggipfel, meterhohe Schneewehen und kantige Eisbruchkanten uralter Gletscher im endlosen graublau des Südlichen Ozeans. Land und Himmel verschmelzen. Umarmen sich. Vereinigen sich Ton in Ton, nur um sich schließlich in zartem weiß-grau aufzulösen.

Wir machen der Subantarktis unsere Aufwartung und saugen den Anblick der ersten kalten Inseln förmlich in uns auf. Wir sind tatsächlich hier. Leibhaftig. Neben den Torwächtern der Antarktis. Langsam werden die Finger steif, der Fahrtwind knotet das Haar und trotzdem wird unser Lächeln breiter. Das Schiff hat Kurs auf Halfmoon-Island gesetzt. In der Einweisung durch unseren Expeditionsleiter haben wir erfahren, dass diese Süd-Shetland-Insel besonders für Ihre Zügelpinguin-Kolonie bekannt ist. Als die ersten Pinguine neben dem Schiffsrumpf durch die Wellen springen ist klar: Wir sind schon ganz nah.

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Expeditionsschiff Sea Spirit • Erfahrungsbericht 1/2/3/4

2. Süd-Shetland-Insel Halfmoon-Island

Großfamilie Zügelpinguin & Co

Alle an Deck! Jacken, Gummistiefel und Schwimmweste. Los geht’s. Das Expeditionsteam der Sea Spirit hat eine gute Stelle für unsere erste Anlandung gefunden und lässt bereits die restlichen Zodiacs zu Wasser. Mit diesen kleinen Schlauchbooten für extreme Bedingungen werden wir in den nächsten Tagen noch viele wunderbare Orte besuchen. Ein Blick auf die Wellen, Seemannsgriff, ein beherzter Schritt und schon sitzen wir im Gummiboot und düsen unserer ersten Anlandung entgegen.

Vier Zügelpinguine bilden das Empfangskomitee. Weiße Bäuche, schwarze Rücken und ein unglaublich süßes Gesicht: weiß mit schwarzer Haube, schwarzem Schnabel und einer schmalen Linie über den Wangen. Entspannt putzt sich das Quartett zwischen blauschimmernden Eisblöcken und watschelt dann hop, hop, hop über den dunklen Kieselstrand.

Erst nach einer ausgiebigen Fotosession können wir uns von den süßen Pinguinen wieder losreißen. Am liebsten würde ich den kleinen Hoppern stundenlang zusehen. Netterweise begleiten sie uns ein ganzes Stück des Weges.

Ein kleines verfallenes Holzboot erzählt von Vergänglichkeit. Dieses unschuldig wirkende Boot hat eine dunkle Geschichte. Es ist der Beweis, dass leider auch an diesem schönen, abgelegenen Ort der Mensch bereits Raubbau betrieben hat. Für Interessierte lüftet ein Mitglied des Expeditionsteams das dunkle Geheimnis: Das unscheinbare Bootswrack war ein altes Walfangboot.

Einige Meter weiter, den Hügel nach oben, entdecken wir einen Weißgesicht-Seidenschnabel, einen typischen Vogel der antarktischen Region. In der Ferne können wir die Pinguinkolonie erspähen. Die ersten Passagiere sind dort bereits angekommen, doch für uns gibt es unterwegs viel zu viel zu entdecken, um schnell vorwärts zu kommen. Langsam folgen wir der Route aus roten Fahnen, die das Team für uns abgesteckt hat. So kann jeder Halfmoon-Island in seiner eigenen Geschwindigkeit erkunden. Ein sehr angenehmes System.

Mehrere dicke Seebären tummeln sich in der Bucht, ein einzelner weiblicher See-Elefant liegt dazwischen, Zügelpinguine sitzen auf kleinen Schneefeldern und im Hintergrund türmen sich Gletscher und Berge. An einem weiteren Küstenabschnitt watscheln uns plötzlich ein paar Eselspinguine entgegen. Sie sind ähnlich groß wie die Zügelpinguine, haben aber einen schwarzen Kopf mit einem großen weißem Fleck über dem Auge und einen auffälligen orangenen Schnabel. Es gibt so viel zu sehen!

Schließlich erreichen auch wir die Zügelpinguin-Kolonie. In kleinen Gruppen (die uns an unserem ersten Tag sehr, sehr groß vorkommen, weil wir den Vergleich zu Südgeorgien noch nicht kennen) stehen die Tiere eng beisammen. Sie sind mitten in der Mauser und geben ein ulkiges Bild ab.

Manche sehen extrem dick aus: aufgeplustert, flauschig und so plüschig, dass man sie am liebsten knuddeln würde. Einige sind total zerrupft und wirken wie ein alter Flickenteppich. Andere sind bereits wieder edel geglättet und blütenweiß neu befiedert. Der Boden ist von weichen Daunen übersäht und alles in allem erinnern uns die kleinen Pinguine sehr an schwarz-weiße Daunenkissen nach einer ausgiebigen Kissenschlacht.

Hier endet unsere Route für Heute. Zwei gekreuzte Flaggen gebieten Einhalt. Bis hierher und nicht weiter. Die Pinguine brauchen Ruhe während der Mauser. Sie können erst wieder fressen, wenn sie ihr Federkleid vollständig gewechselt haben. Pinguine mausern alle Federn gleichzeitig. Dies wird Katastrophale Mauser genannt, erklärt uns ein Vogelkundler des Expeditionsteams vor Ort. Im jetzigen Zustand sind sie nicht wasserdicht und können darum unmöglich in den eiskalten Wellen des Südpolarmeers auf die Jagd gehen. Es ist Fasten angesagt. Um Energie zu sparen, bewegen sich die Tiere wenig. Darum ist es wichtig sie nicht zu stressen und respektvolle Abstand einzuhalten. Also setzen wir uns, schweigen und genießen den Blick über die Kolonie.

Langsam kommen wir zur Ruhe, legen die Kameras beiseite und nehmen diesen besonderen Moment in uns auf. Im Hintergrund türmen sich die Berge und vor uns dösen putzige Federknäule. Wir sind angekommen. Ich atme tief ein und nehme zum ersten Mal bewusst den eigentümlichen Duft der Pinguine wahr. Sie haben einen ganz eigenen, würzigen Geruch. Glücklich lasse ich meinen Blick schweifen. Ich finde sie riechen nach Weite. Dies ist der Duft der Antarktis, an den ich mich erinnern möchte.

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3. Süd-Shetland-Insel Deception-Island

Der 1. Eisberg & Ein Vulkan-Krater voll Wasser

Früh morgens schlage ich die Augen auf und natürlich gilt mein erster Blick dem Fenster. Dort zieht bereits eine wunderschöne bergige Landschaft vorüber. Also raus aus den Federn und rein in die Expeditionsjacke! Schlafen können wir Zuhause wieder. Schnell verfliegt die letzte Müdigkeit im antarktischen Wind. Ich atme kristallklare Morgenluft und während die Morgensonne die Gipfel erklimmt, gleiten wir an einer wunderschönen Gletscherkante vorüber, die bis ins Meer reicht.

Schließlich nehmen die Umrisse von Deception Island Form an. Unser Ziel für heute. Deception heißt Täuschung. Ein passender Name für eine Insel, die eigentlich ein aktiver Vulkan ist. Niemand würde erwarten, dass man mit dem Schiff in ihre Mitte fahren kann. Durch Einstürze und nachfolgende Erosion des Kraterrandes wurde die teilweise entleerte Magmakammer mit Meerwasser geflutet. Einmal entdeckt, hat der Mensch diesen schützenden Naturhafen fortan für sich genutzt.

Plötzlich erregt eine Struktur in der Ferne meine Aufmerksamkeit. Eisberg voraus!

Tatsächlich, unser erster Eisberg. Ein massiver wunderschöner Koloss. Kantig, rau und ungeschliffen. Ein echter treibender Berg aus Schnee und Eis. Während ich noch den perfekten Bildschnitt suche wundere ich mich erneut darüber, wie viele Weißtöne sich die Natur hat einfallen lassen.

Hart-weiß mit einem Hauch von graublau treibt der Eisberg vor Deception Island. Doch der schmale Küstenstreifen der Süd-Shetland Insel wird erst auf den zweiten Blick überhaupt sichtbar. Strahlend und im wahrsten Sinne des Wortes schneeweiß leuchtet er zart hinter dem Eisberg hervor. Nur, um sich dann scheinbar im Himmel zu spiegeln, den die Wolken in weißgrauen und milchweißen Bahnen durchziehen während kristallweiße Schaumkronen den Ozan krönen. Ich bin mir sicher: Nirgendwo auf der Welt wird mir weiß nochmal so bunt vorkommen wie in der Antarktis.

Schließlich nähert sich das Schiff einer schmalen Lücke im Felsmassiv der Insel und unser Kapitän steuert direkt darauf zu. Deception Island wird per Lautsprecherdurchsage angekündigt und bald stehen alle Passagiere an der Reling, um die Einfahrt der Sea Spirit in den Naturhafen von Deception Island mitzuerleben. Der schmale Zugang zur gefluteten Caldera wird auch Neptune’s Bellow’s genannt, da durch die Engstelle oft starke Winde pfeifen.

Rechts erhebt sich eine dunkle Steilklippe, links ein ansteigendes Gebirge mit bunten Steinformationen. Wer genau schaut, der sieht viele kleine Punkte auf dem ozeannahen Plateau. Und die Punkte sind Pinguine. Die Erosionslücke, die wir befahren, wird von umspülten Felsbrocken und einer freistehenden Felsnadel geziert. Atemlos staunen wir abwechselnd nach rechts und links, dann sind wir durch.

Rund um uns erhebt sich ein schützendes Gebirge und das Wasser wird ruhig. Was wir als Berge wahrnehmen, ist der Kraterrand. Wir treiben mitten auf der Meerwasserlagune eines gefluteten Vulkankraters, im Zentrum eines noch immer aktiven Vulkans unter uns. Die Vorstellung ist bizarr. Doch nichts um uns herum deutet auf diese spektakuläre Tatsache hin und wir fühlen uns vollkommen sicher. Ob diese Sicherheit trügerisch ist? Aktuell hebt sich der Boden der Caldera jedes Jahr um rund 30 cm, lernen wir am Abend im wissenschaftlichen Vortrag.

Etwas ist in Bewegung. Vermutlich ist es ganz gut, dass wir das gerade noch nicht so genau wissen. Erwartungsvoll stehen wir an der Reling und blicken dem Tag auf Deception Island entspannt und gespannt entgegen.

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3. Süd-Shetland-Insel Deception-Island

a) Wanderung im Nirgendwo (Telefon Bay)

In der Telefon Bay ist heute Wandern angesagt: Mitten im Nirgendwo der vulkanischen Landschaft von Deception Island. Rote Flaggen markieren den Weg und wir beschließen, die abgesteckte Runde einfach entgegengesetzt zu laufen. Nur eine Hand voll Leute tut es uns gleich und klettert den steilen Berg empor, den alle anderen später hinunterlaufen werden. Es lohnt sich gegen den Strom zu schwimmen. Wir werden mit fantastischen Ausblicken belohnt und vor allem mit dem Gefühl der Einsamkeit.

Von hier oben lässt sich die gesamte Lagune überblicken. Im Zentrum treibt unser Expeditionsschiff und sieht plötzlich winzig aus, im Vergleich zu den Ausmaßen dieses gigantischen Kraters. Aus der Vogelperspektive erkennen wir die Kraterform viel besser und erhalten allmählich ein Gefühl für das, was unser Expeditionsteam zuvor erklärt hat.

Nach einer meditativen Pause geht es weiter. Noch ein weiteres Stückchen nach oben. Immer wieder halten wir an und genießen den Blick zurück. Erst aus dieser Höhe wird der wunderschöne türkis schimmernde Ausläufer der Kraterlagune gut sichtbar und noch ein zweiter, viel kleinerer See, der uns gelblich entgegen schimmert.

Als wir den höchsten Punkt erreicht haben, kommen uns die ersten Wanderer entgegen. Eingebettet in die Weite von Deception Island wirken sie klein und unscheinbar, trotz der leuchtend roten Expeditionsjacken. Von sanft ansteigenden Hügeln blicken wir in eine wettergegerbte und tief eingekerbte Vulkanlandschaft hinab.

Wir lassen uns Zeit, genießen die Aussicht und fangen schöne Fotomotive ein. Trotzdem haben wir den Rundweg schneller absolviert, als die meisten. Als Trekking-Freunde sind wir steiniges Terrain gewohnt und werden eigentlich erst warm. Da wir während der See-Tage ohnehin Bewegung vermisst haben, beschließen wir die Strecke einfach noch mal zu laufen.

Und so genießen wir die Höhepunkte der Telefon Bay gleich zweimal: vulkanische Böden, bergige Weiten, großartige Aussichten, winzige Menschen, glitzernde Lagunen und tief eingravierte Täler.

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Expeditionsschiff Sea Spirit • Erfahrungsbericht 1/2/3/4

Ein Barbecue mit Ausblick

Danach ist Mittagspause angesagt: heute mit einem leckeren Barbecue an Deck der Sea Spirit. Inselberge im Hintergrund und frische Seeluft in der Nase – so schmeckt das Mittagessen gleich doppelt gut. Gut gestärkt sind alle bereit für die nächste Anlandung.

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3. Süd-Shetland-Insel Deception-Island

b) Besuch einer alten Walfangstation (Whaler’s Bay)

Die Whalers Bay von Deception Island wird von den Gästen der Sea Spirit sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die Aussagen variieren von „Was soll ich denn hier?“ über „Das muss man auch mal gesehen haben.“ bis hin zu „Fantastische Fotomotive.“ Die Rede ist von den rostigen Überresten der ehemaligen Walfangstation und den verfallenen Gebäuden aus der bewegten Geschichte dieser Süd-Shetland-Insel. Doch am Ende des Tages sind wir uns alle einig: Dank Mutter Natur war der Ausflug ein voller Erfolg.

Robbenjagd, Waljagd und die Verarbeitung von Walen in der südlichsten Tran-Kocherei der Welt prägten Deception Island in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine traurige Vergangenheit. Während des 2. Weltkrieges zerstörten die Briten dann alle Einrichtungen, aus Angst sie könnten den Deutschen in die Hände fallen. Ratlos stehen wir einen Moment vor den Trümmern der Zeit, starren die riesigen rostroten Tanks an und haben schaurige Bilder im Kopf.

Dann tun wir das einzig Logische: Wir stürzen uns in ein Fotoshooting mit zuckersüßen Antarktischen Seebären.

Die schönen Tiere sind auch unter dem Namen Pelzrobbe bekannt und wurden in den dunklen Jahren von Deception Island fast ausgerottet. Doch zum Glück sind sie zurückgekehrt, haben sich erfolgreich vermehrt und Ihren Lebensraum inzwischen zurückerobert. Sie scheinen zu wissen, dass sie nichts mehr von Menschen zu fürchten haben und bleiben trotz unserer Anwesenheit vollkommen gelassen. Auch wir entspannen und genießen die schöne Aussicht und die Gesellschaft der drolligen Seebären.

Sie liegen überall. Am Strand. Im Moos. Sogar zwischen den Tanks. Männchen und Weibchen. Adulte und Jungtiere. Wie schön, dass dies heute wieder ihre Insel ist. Ein Mitglied des Expeditionsteams macht uns nochmal auf das Moos aufmerksam. Immerhin sind wir in der Antarktis und für diese Gegend sind Moose eine äußerst üppige Vegetation, der man durchaus ein wenig Beachtung schenken sollte.


Dann streunen wir am Strand entlang und erkunden die verfallenen Gebäude. Ein wenig Geschichte kann ja nicht schaden. Auf unserer Reise durch die Vergangenheit umkreisen wir rostige Tanks, werfen einen Blick in windschiefe Fenster, finden alte Gräber und die verschütteten Überreste eines Traktors im Sand. Betreten darf man die Ruinen nicht. Es herrscht akute Einsturzgefahr.

Am besten gefällt mir der Traktor. Es ist beeindruckend, welche Bodenmassen sich bewegt haben müssen, um das Gefährt so tief einsinken zu lassen. Eine Raubmöwe neben Holz und rostigen Nägeln stimmt mich dann aber doch wieder nachdenklich. Es wäre sinnvoll hier aufzuräumen. Nur schade, dass genau das verboten ist.

Einer der Passagiere ist begeisterter Fan von Verlorenen Orte wie diesem. Er ist ganz bei der Sache und stellt tausend Fragen zu den Gebäuden. Das Wohnhaus der Walfangstation wurde von den Briten zu einer Forschungsstation umgebaut, erzählt das Expeditionsteam gerade. Aus dieser Zeit stammt auch der Flugzeughangar. Nein, das Flugzeug ist nicht mehr da. Das wurde inzwischen abtransportiert. Großbritannien, Argentinien und Chile hatten hier Stationen und haben Ansprüche auf die Insel erhoben. Zwei Vulkanausbrüche setzten dem Streit ein Ende und die Insel wurde evakuiert. Der Friedhof ist damals auch verschüttet worden. „Und heute?“ Heute fällt Deception Island unter den Antarktisvertrag. Die politischen Ansprüche der Staaten ruhen und die Reste der Walfangstation sind als Heritage Site geschützt.


Genug Geschichte für heute. Uns zieht es zurück zu den tierischen Bewohnern der Insel. Zu unserer großen Freude entdecken wir zwei Eselspinguine. Geduldig stehen sie uns Modell und watscheln eifrig zwischen den Seebären hin und her.

Dann ändert sich urplötzlich die Witterung und die Natur verwandelt unseren Ausflug in etwas ganz Besonderes:

Zuerst zieht Nebel auf und ändert schlagartig die Stimmung. Irgendwie wirken die Berge größer als zuvor. Winzige Hütten, vulkanisches Land, ein mächtiger Felshang und darüber türmt sich alles verschlingender Nebel. Die Szenerie wird mystisch, die Natur ist präsent und das tiefe Grau verstärkt die Schattierung des Gesteins zu leuchtenden Farben.

Dann beginnt es zu Regnen. Ganz plötzlich, wie auf ein geheimes Kommando. Feiner Schneeregen prasselt auf den schwarzen Strand. Der dunkle Sand scheint noch etwas dunkler zu werden, noch etwas steiniger und noch kontrastreicher. In der Ferne dagegen verwischen die Konturen, die Wolken senken sich und die Welt verschwimmt.

Schließlich verfestigt sich der Regen zu Schnee. Und vor unseren Augen verwandelt sich die Küste von Deception Island in ein neues Märchenland. Zart zieht der Maler der Lüfte die Linien des Gebirges nach. Jede einzelne Kontur. Wie bei einer Bleistiftzeichnung. Und als sein Kunstwerk vollendet ist, hört auch der Schneefall augenblicklich wieder auf.

Fasziniert beobachten wir, wie sich die Welt um uns herum verändert. Wie eine perfekte Theaterinszenierung, nur eben live. In nur wenigen Minuten sind alle Berge und Hügel an der Küste in ein neues weißes Kleid verhüllt. Es sieht wunderschön aus. Auch hier, an einem Verlorenen Ort wie diesem, hat die Natur für uns ein Meisterwerk geschaffen.

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4. Süd-Shetland-Insel Elephant-Island

Der Strand von Shackletons Männern

Die dritte Süd-Shetland-Insel, die wir auf unserer Antarktis-Expedition mit der Sea Spirit anfahren, ist Elephant Island.

Als Empfangskomitee warten ein wunderschöner Eisberg und ein grandioser Gletscher auf uns. Die Eismassen münden direkt ins Meer und ihr Spiegelbild erzeugt einen zartblauen Schimmer, der sich scharf gegen die dunklen Felsklippen abhebt. Je näher wir kommen, umso beeindruckender ist er. Mit Fernglas und Tele-Objektiv erkunden wir seine wildzerklüftete Oberfläche. Er ist atemberaubend schön.

Dann erreichen wir Point Wild. Der Ort ist nach Frank Wild benannt, dem engen Vertrauten von Ernest Shackleton. Bei der abenteuerlichen Endurance Expedition von Ernest Shackleton in die Antarktis, wurde sein Schiff im Eis eingeschlossen und schließlich zerstört. Der Überlebenskampf der Männer und die gewagte Rettungsmission ist legendär. Frank Wild hatte das Kommando über die zurückgebliebene Crew.

Bei Vorträgen an Bord haben wir inzwischen einiges über diese Antarktis-Expedition erfahren und so blicken wir mit Kennerauge auf Elephant Island. Der Strandabschnitt dieser Süd-Shetland-Insel sieht winzig aus. Hier haben 28 Männer unter drei umgedrehten Ruderbooten gehaust, ausgeharrt und monatelang auf Rettung gewartet. Wahnsinn, dass tatsächlich alle überlebt haben. Heute thront an Point Wild das Denkmal für Luis Prado zwischen Zügelpinguinen. Eine Büste vom chilenischen Kapitän, mit dessen Hilfe Ernest Shackleton schließlich seine Männer retten konnte.

Eigentlich war vor Elephant Island eine Zodiac Fahrt geplant, doch leider ist es zu wellig, um in die kleinen Beiboote umzusteigen. Es ist nicht sehr windig, dennoch schwappen die Wellen regelmäßig über die Marina im untersten Deck. Die Wellen, die uns von hoher See erreichen sind zu stark. Zumindest für Personen die nicht gut zu Fuß oder nicht seefest sind, wäre ein Einstieg gefährlich. Unser Expeditionsleiter entscheidet, dass die Gefahr für Verletzungen zu hoch ist und das Risiko zu groß, nur um der Insel noch ein paar Meter näher zu kommen. Der Schwell ist das Problem, erklärt er entschuldigend und blickt in enttäuschte Gesichter. Dann zieht er schnell ein Ass aus dem Ärmel: Jetzt ist Whalewatching angesagt.

Augenblicklich hellen sich unsere Mienen wieder auf. Schon auf dem Weg nach Elephant Island konnten wir in der Ferne ein paar Flossen erspähen, als der Kapitän Kurs auf die Insel gesetzt hatte. Jetzt geht es zurück mit dem Plan genau diese Gruppe zu suchen und dieses Mal aus der Nähe zu beobachten. Anker lichten: Wale Voraus!

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4. Walbeobachtung im Südpolarmeer

Wale in Sicht vor der Küste von Süd-Shetland

Blas, Rücken, Finne. Plötzlich sind wir mittendrin. Überall spritzen Wasserfontänen nach oben. Rechts ein Blas, dann links, ein dritter weiter hinten. Immer nur wenige Sekunden tauchen die Walrücken durch die Oberfläche, erlauben uns einen kurzen Blick auf ein kleines Stück der majestätischen Tiere. Wir sind atemlos, denn es sind unglaublich viele.

Die meisten sind Finnwale, doch auch ein paar Buckelwale sind dabei. Begeisterte Rufe begleiten das Schauspiel. Da – nein dort – und hier. Finnwale, die zweitgrößte Walart der Welt und wir haben das Glück gleich eine ganze Gruppe zu treffen. Wahnsinn. Später wird im Logbuch die Sichtung von rund vierzig Tieren eingetragen. Vierzig. Noch beim Abendessen haben alle Passagiere ein breites Grinsen im Gesicht.

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Gespannt wie es weitergeht?

Erlebe in Teil 3 ein romantisches Rendezvous mit der Antarktis

Hinweis: Dieser Artikel, sowie die darauffolgenden Erfahrungsberichte befinden sich aktuell noch in Bearbeitung.


Auf einem Expeditionsschiff können auch Touristen Süd-Shetland entdecken, zum Beispiel auf der Sea Spirit.
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Quellenangabe zur Textrecherche
Informationen vor Ort sowie persönliche Erfahrungen bei einer Expeditionskreuzfahrt mit der Sea Spirit von Ushuaia über die Süd-Shetland Inseln, die Antarktische Halbinsel, Südgeorgien und Falkland nach Buenos Aires im März 2022. AGE™ hat in einer Kajüte mit Balkon auf dem Sportsdeck übernachtet.
Poseidon Expeditions (1999-2022), Homepage von Poseidon Expeditions. Reisen in die Antarktis [online] Abgerufen am 04.05.2022, von URL: https://poseidonexpeditions.de/antarktis/

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